Prozessbericht – Tag 1

Bereits seit 7.30 Uhr war eine gut besuchte Mahnwache vor dem Gerichtsgebäude aufgebaut. Der breiten Mobilisierung der Kampagne „We don‘t shut up“ – einer solidarischen Antirepressionskampagne bezüglich der Blockade des Kraftwerks Weisweiler in 2017 – waren zahlreiche Sympathisant*innen aus der Klimabewegung, Pressevertreter*innen verschiedener lokaler und überregionaler Zeitungs- und Filmformate und andere Interessierte gefolgt. Neben ihren Solidaritätsbekundungen wollten viele den Prozess direkt mitverfolgen.

 

Der Prozess begann um neun Uhr mit einem riesigen Medieninteresse und einem viel zu kleinen Gerichtssaal. Etwa 20 Sitzplätze gab es, davon war die Hälfte für Presse reserviert, sodass nur wenige von den zahlreich angereisten solidarischen Zuschauer*innen überhaupt ins Gericht gelassen wurden.

Im Gericht wurden die Taschen gleich zweimal hintereinander geleert, fast alles musste draußen bleiben und die Personalausweise wurden kopiert. Daran änderte auch nichts, dass einer der verteidigenden Anwält*innen einen Antrag stellte, dies zu unterlassen, da in der Vergangenheit schon ähnliche Daten an Ermittelnde der Polizei Aachen weitergegeben worden waren. Damit war gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoßen worden, welche die Nutzung der Daten nur für den angekündigten Zweck (Störungen aufzuklären) erlaubt.

Der Prozess selbst ging mit der Personalienfeststellung der Angeklagten los. Anträge zweier Anwält*innen wie der gerade erwähnte zur Öffentlichkeitsherstellung und zur Besetzung des Gerichts wurden zurückgestellt, obwohl sie eigentlich vorrangig gewesen wären – erst einmal sollte die Anklageschrift verlesen werden. Beim monotonen, herunterratternden Vorlesen der Staatsanwaltschaft ging es darum, dass die Angeklagten durch Ankettungen und einen Tripod eine dem Betrieb dienende Sache verändert und damit gestört haben sollen (§316b Strafgesetzbuch), widerrechtlich auf das Gelände des Kohlekraftwerks eingedrungen sein sollen (§213 Strafgesetzbuch, Hausfriedensbruch) und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 Strafgesetzbuch) geleistet haben sollen. Der RWE entstandene Schaden wurde mit 2,5 Millionen Euro beziffert. Parallel schallten von draußen Sprechchöre in den Gerichtssaal: „Power to the people“ und „Es gibt ein Recht auf Weisweiler blockieren“.

Dann endlich ging es um die Anträge der Anwält*innen. Ein Antrag auf Einsicht ins Schöffenregister, um zu prüfen, ob die Gerichtsbesetzung ordnungsgemäß sei, wurde abgelehnt. Es war ein Ersatzschöffe nachgerückt, weil der ursprünglich angedachte Mensch früher bei RWE gearbeitet hatte und deshalb befangen sei.

Auch der Antrag, Personalausweiskopien zu unterlassen sowie festzustellen, welche Polizist*innen, RWE- und Redeker|Sellner|Dahs-Mitarbeiter*innen den Prozess verfolgten und sie als potentielle Zeug*innen hinaus zu bitten, wurde abgelehnt. Eine Anregung auf einen größeren Saal wurde ignoriert.

Etwa eineinhalb Stunden nach dem Beginn konnten sich dann die Angeklagten zu Wort melden. Sie bekannten sich dazu, Klimagerechtigkeitsaktivist*innen zu sein und erklärten ihre Motivation. Ihre Einlassungen nutzten sie für die Argumentation, warum das Stoppen eines Kohlekraftwerks zur Notwehr und Nothilfe gerechtfertigt sei und bezogen sich dabei auf die entsprechenden Paragrafen (32, 34) im Strafgesetzbuch. Zu Beginn wurde die Argumentationskette der Angeklagten grob skizziert und dazu ein Handout verteilt. Dann folgten die Argumente Schlag auf Schlag. Im nächsten Beitrag ging es um die schon jetzt existierenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit, um die Kipppunkte, die längst schon erreicht wären. Danach war Thema, dass Politik und RWE nichts zur Lösung der Klimakrise beitragen würden, den Beweis würden die Vernehmungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Vorstandsvorsitzenden der RWE Power AG Frank Weigand und Dirk Weinspach (Polizeipräsident in Aachen) liefern. Währenddessen würde ein Teil von Bangladesh, so groß wie Schleswig-Holstein, im Meer versinken. Noch konkreter wurde es in den Beweisanträgen im vierten Teil, in denen unter Beweis gestellt wurde, dass jeder 2800ste-2900ste Todesfall auf Grund der Klimakrise statistisch gesehen vom Kraftwerk Weisweiler verursacht werde und dass alle 31,5-Stunden ein Mensch an den Folgen der Luftverschmutzung durch dieses Kraftwerk stirbt. Der letzte Beitrag begründete dann, warum der Betrieb von Weisweiler für die Versorgung mit Strom absolut überflüssig sei – denn an jenem dunklen, windstillen Aktionstag führte die fast vollständige Drosselung des Kraftwerks zu keinerlei Stromausfällen, nicht einmal zur Einstellung der Abbaggerungen im Tagebau Inden. 26.000 Tonnen CO2 habe die Blockade gespart.

Ein großer Teil der Zeug*innen und Sachverständigen, die diese Tatsachen beweisen sollten, waren angereist und anwesend. Trotzdem wollte der Richter danach erst die Polizeizeug*innen vernehmen und kündigte eine Entscheidung der Beweisanträge noch am gleichen Tag an, um die Zeug*innen dann noch vernehmen zu können.

Der erste Polizist konnte sich nicht mehr an besonders viel erinnern, die Einsätze vermischten sich in seinem Gehirn (viele Aktionen im gleichen Gebiet haben also durchaus ihre Vorteile). An die genaue Situation bei seinem Eintreffen konnte er sich nicht erinnern, nicht an Transparente, nicht an einen Tripod auf dem Förderband oder wo wer genau war, nur daran, dass er das Bewusstsein und die Ansprechbarkeit von den Menschen geprüft habe. Eine „Dame“ habe überhaupt nicht reagiert. Er habe eine Person betreut, die mit Teilen ihres Körpers unter der Stahlkonstruktion des Förderbandes in einer Armrohrkonstruktion gesteckt habe (einer Art „Regenrinnenrohr“ oder „Plastikrohr“), daran konnte er sich erinnern – das war in seinem Bericht geschildert, den er vor der Venehmung noch gelesen hatte. Ansonsten konnte er aussagen, dass bei Personalienverweigerung überlicherweise die Identifizierung mittels Fast-ID (mobiler Fingerabdruckscanner) versucht werde und sonst die Person erst einmal unter der Nummer vom Kurzbericht (orange Aufkleber mit sechsstelliger Ziffer) geführt werde, bis die Personalien festgestellt würden oder die Kriminalpolizei sie in ihr eigenes Nummerierungssystem übertrage.

Er war sich sicher, dass irgendwer die Personen dazu augefordert habe, den Bereich zu verlassen. Schließlich sei das üblich, erst die Situation zu überschauen, zu schauen ob etwas lebensbedrohlich sei, dann zu sagen: „Sie stören den Betrieb, das ist eine Straftat, kommen sie heraus, verlassen sie den Ort“ und dann die Personalien festzustellen. (Wie das Verlassen des Ortes und das Festhalten zur Personalienfeststellung zusammen gehen erwähnte er nicht). Ob die Aufforderung zum Verlassen des Bereichs von ihm oder jemand anderem kam, wusste er nicht – konkrete Erinnerungen an einen Platzverweis konnte er auch nicht finden, aber es hätte ihn bestimmt gegeben und er hätte im Sammelbericht verzeichnet sein sollen. Das war er aber nicht, in keinem Bericht.

Nach einer kurzen Erklärung eines der Rechtsanwält*innen gegenüber dem Richter im Bezug auf das Befragungsverhalten wurde der nächste Polizeizeuge aufgerufen.

Dieser Zeuge berichtete, zum Einsatz gerufen geworden zu sein, weil sich Personen auf RWE Betriebsgelände befänden, die sich festgekettet hätten. Der Auftrag sei gewesen, das Gelände zu sichern, genauer: die Personen zu beaufsichtigen, zu lösen und deren Personalien festzustellen. Dies sei in Kooperation mit anderen Polizeieinheiten erfolgt.

Er erinnerte sich an mindestens fünf Aktivist*innen, zwei seien mit dem Arm in einer Art „Abflussröhre“ an einem Förderband befestigt gewesen, eine*r habe sich in einiger Entfernung auf einer Art Stativ befunden, andere seien auf dem Förderband gelegen, eine*r sei zwischen Polizeikräften und Aktivist*innen vermittelnd herumgelaufen. Genaue Angaben zu den Blockadestrukturen konnten nicht gegeben werden; der Zeuge erklärte jedoch überzeugt, die einzelnen Gruppen (Angekettete, Tripod, weitere Menschen) seien physisch in keinster Weise verbunden und nur durch gegenseitige Zurufe, maximal durch Funkgeräte verknüpft gewesen. Zwei Personen (nicht angekettet) seien nach einiger Zeit freiwillig heruntergekommen. Zu späterer Zeit in diesem Einsatz habe er keine der Personen mehr gesehen.

Es folgte direkt die Befragung eines weiteren Polizisten. Dieser berichtete, er sei an diesem Tag frühmorgens in Weisweiler angekommen. Mehrere Personen seien am Förderband, vor allem an Stahlträgern, angekettet gewesen, vor allem durch sogenannte „Lock-Ons“, aber auch mittels einer Fahrradkette (später präzisiert als „starres Fahrradschloss um den Hals“) und einem Tripod. Mitarbeiter*innen von RWE hätten die Träger aufgetrennt, um die Personen zu lösen, weil RWE „nicht warten konnte“ (obwohl die Technische Einheit bereits auf dem Weg war). Anschließend wären die Angeketteten in eine Werkstatt verbracht und Teile der Lock-Ons gelöst worden. Die Aktivist*innen hätten „alles getan, um ihre Identitäten nicht preiszugeben“: Fragen nach Name und Anschrift nicht beantwortet, keine Ausweisdokumente vorgezeigt. Die Personen seien unkooperativ gewesen, eine „Dame im roten Pulli“ sei mehrfachverkettet gewesen, eine Person habe angegeben, eventuell mit Krätze infiziert zu sein. Tatsächlich kann der Befragte sich erinnern, dass eine Person ins Krankenhaus gebracht wurde, ist aber unsicher, ob dies im Zusammenhang mit erwähnter potentiellen Krätzeinfektion stand. Weil er der Fahrzeugführer gewesen sei, habe er keine Person direkt betreut.

Der Zeuge gab an, dass die polizeiliche Zugführung Aufforderungen getätigt hätte („Kommen sie von dem Dreifuß herunter“, „Seilen Sie sich ab“, „Kommen sie vom Förderband herunter“), denen die Personen nicht nachgekommen wären. Auch RWE-Mitarbeitende hätten die Aktivist*innen angesprochen, ebenso jeweils zwei Polizist*innen pro Person in direkter Betreuung. Er selbst habe eine männliche, nicht angekettete Person angesprochen.

Der Befragte behauptet, dass mindestens fünf, insgesamt fünf bis acht Personen nicht ohne weiteres lösbar gewesen seien. Eine Person sei mit Fahrradschloss um den Hals direkt am Förderband festgemacht gewesen, nicht an einer anderen Struktur, nicht am Tripod. Eine Angeklagte wollte er als Teil einer Drei-Personen-Lock-On-Kette wiedererkannt haben.

Des weiteren gab er an, dass im Umfeld keine weiteren Aktionen als die beschriebene Blockade stattgefunden hätten und dass diese sich auf einem Umkreis nicht größer als der (räumlich sehr begrenzte) Gerichtssaal abgespielt hätte.

Er hatte keine Erinnerung, ob die Aktion je als Versammlung interpretiert und entsprechend aufgelöst wurde, kommt jedoch sogar aus einem anderen Kontext noch einmal darauf zurück, dass sein damaliger Chef bewandert im Versammlungsrecht gewesen sei und ganz sicher alles Erforderliche geleistet hätte (obwohl der Zeuge zu seiner Erinnerung, nicht zu seiner Menschenkenntnis befragt wurde).

Um 13.20 Uhr begann die Mittagspause, kurz nach zwei Uhr wurde die Verhandlung wieder aufgenommen.

Der nächste Polizist nannte als Bestandteile der Blockade einen Tripod mit einer Person darauf, drei Personen, die untereinander und am Förderband in Armröhren mit Kette und Schloss festgekettet gewesen seien und quer zur Fahrtrichtung auf dem Band gelegen hätten sowie weitere freie Personen, die später selbstständig heruntergekommen seien. Die Befestigung am Förderband wurde mit Sägearbeiten am Förderband durch die Technische Einheit begründet. Wie der erste Zeuge gab er einige Fakten nicht aus der eigenen verbliebenen Erinnerung an, sondern entnahm sie einem von ihm geschriebenen und zuvor erneut gelesenen „Ergänzungsbericht“. Ein Beispiel stellt die Aussage dar, dass eine Person mit der rechten Hand festgekettet gewesen sei, deren angenommenes Geschlecht er jedoch nicht angeben konnte. Wann er diesen „Ergänzungsbogen“ zuletzt eingesehen habe, konnte oder wollte er nicht einmal im Groben beantworten („vor kurzer Zeit“, ob dies nun eher ein Tag oder drei Monate waren, behauptete er, nicht zu wissen).

Er habe im Verlauf des Einsatzes mindestens eine Person in die Werkstatt begleitet und dann einen Bericht über die Person geschrieben. Fragen nach Details konnten meist nicht oder nur sehr schwammig beantwortet werden.

Die Technische Einheit benannte er als „TEE 33/22“ aus Aachen oder Köln, diese sei jedoch über die Bezeichnung eindeutig identifizierbar.

Nachdem der Befragte den Saal verlassen hatte, merkte einer der Rechtsanwält*innen an, dass in den Akten weder Schweißen, noch Sägen verzeichnet sei und stellte die Frage in den Raum, ob der Zeuge etwas verwechselt hätte.

Als nächstes wurde ein weiterer Polizist in den Zeugenstand gerufen. Dieser erläuterte, dass er die Aktion aus der Ferne von einem erhöhten Geländer aus beobachtet und anschließend die Person aus dem Tripod (in einem anderen Auto hinter dem Krankenwagen her) ins Krankenhaus begleitet und dort an die Kriminalpolizei Aachen übergeben hätte. Dort hätte er die Person auch unmaskiert gesehen. Sie sei männlich gewesen, zwischen 20 und 30 Jahren alt und hätte Personalien verweigert. Zur Beweissicherung sei ein Lichtbild angefertigt worden.

Die Technische Einheit aus Brühl sei vor Ort gewesen. An möglicherweise erkannte weitere Details konnte er sich nicht erinnern.

Etwa um viertel vor drei wurde, von seinem Rechtsbeistand begleitet, der freie Journalist aufgerufen, der die Aktion in 2017 im Rahmen seiner Arbeit begleitet haben soll. Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht waren bereits beantragt worden. Nach kurzer Befragung zur journalistischen Tätigkeit wurden Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht bestätigt und der Zeuge wurde wieder entlassen.

Im Anschluss betrat ein weiterer Polizist den Zeugenstand. Er gab an, sich, teils in Begleitung einer Kollegin oder bereits anwesender Kräfte der Bereitschaftspolizei, einen Überblick über die Gesamtsituation verschafft zu haben. Wer genau sich wo befand konnte er nicht sagen, da er an der Loslösung nicht beteiligt gewesen sei. Es hätten sich jedoch Menschen an Baggern angeseilt und sich auf Förderbändern befunden, unter anderem mittels eines Tripods, auf dem eine Person telefoniert habe.

Der Befragte erklärte, die Aktivist*innen hätten teilweise bemalte Gesichter gehabt. Er habe eine Person, die bereits heruntergeholt worden war, wiedererkannt und deren Identität über eine aus vorherigen Strafverfahren bekannte Tätowierung identifiziert. Dies habe er an die Einsatzhundertschaft weitergegeben. Beachtenswert ist an seinen Darlegungen, dass er den betroffenen Aktivisten, der Transmann mit offiziell männlichem formaljuristischem Geschlecht ist, mehrfach falsch gendert, etwa als „Frau …“ benennt.

Interessant ist auch, dass für das Ermittlungsverfahren relevante Informationen aus E-Mails des Zeugen an Polizeikolleg*innen stammen. Auf Nachfragen der Verteidigung konnte der Befragte sich nicht daran erinnern, dass Verantwortliche von RWE ihm diese Informationen – beispielsweise Geldsummen bezüglich Produktionsausfällen – an diesem Tag genannt hätten. Auch zum Erhalt dieser Informationen an einem der Folgetage besteht keine Erinnerung, nur die grobe Vermutung, dass ein Verantwortlicher von RWE, den er aus früheren Ermittlungsverfahren kenne, ihm wohl mündliche Mitteilungen gemacht hätte, eventuell per Telefon. Die Angaben seien als gegeben hingenommen und nicht überprüft worden. All diese Vorgänge wurden nicht aktenkundig gemacht, die Kommunikation nicht dokumentiert. Zudem wurde der Informationen liefernde RWE-Verantwortliche nicht im Rahmen einer formalen Vernehmung belehrt, obwohl dies notwendig gewesen wäre, da dieser durch seine Funktion als Quelle von Tatsachen formell ein Zeuge ist.

Nach fast einer halben Stunde wurde der Zeuge wieder entlassen.

Auf Anregung der Verteidigung nahm die Staatsanwaltschaft im direkten Anschluss Stellungnahme zu den Stunden zuvor gestellten Beweisanträgen, damit die geladenen Zeug*innen, die teils weit angereist waren, gegebenenfalls noch an diesem Tag vernommen werden hätten können. Alle Beweisanträge wurden abgelehnt:

zwei Beweisanträge zu klimatischen Kipppunkten, weil sie angeblich Wertungen statt Tatsachen darlegen würden, „gravierende Auswirkungen“ als Formulierung zu bewertend sei und dies somit nicht einmal ein Beweisantrag;

Beweisanträge dazu, dass die Bundesregierung durch ihr Verhalten Menschen objektifiziere und degradiere, ebenfalls, weil sie Wertungen, nicht Tatsachen, beschreiben würden;

die Anträge dazu, dass der Betrieb des Kraftwerks Weisweiler töte und dass er beständig für Todesfälle verantwortlich sei, mit den Begründungen, die nominierten Sachverständigen seien nicht geeignet, da die Meteorologin sich „nur“ auf Statistik statt auf wissenschaftliche Zusammenhänge berufe und der Kinderarzt im relevanten Bereich nicht sachkundig sei.

Die Verteidigung kritisierte das Verhalten der Staatsanwaltschaft, da ein Ablehnen der Beweisanträge nur bei Unzulässigkeit der Beweisführung möglich sei. Sie berief sich auch darauf, dass die Tatsachen zur Begründung des Antrags gemäß §45 Abs. 2 Strafprozessordnung dargelegt worden waren. Die Kipppunkte, so einer der Anwält*innen, hätten Tatsachenfolgen – beispielsweise Fluten durch Gletscherschmelze, Belastung von Korallenriffen und Übersauerung der Meere als Klimawandelfolge – sodass Tatsachen eindeutig benannt worden seien. Des Weiteren bezog er sich auf den Fall des Gerichtsverfahrens, das der peruanische Bauer Saúl Ananías Luciano Lliuya gegen RWE führt. Hier gab es einen Beweisbeschluss des Oberlandesgerichtes Hamm, dass ein Gutachten erstellt werden muss, inwiefern RWE durch CO2-Emissionen für das Abtauen eines Gletschers in Peru ursächlich sind. Schlussfolgernd erklärt der Anwalt, dass die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft unzutreffend sei.

Daraufhin wurde die Gerichtsverhandlung um 15.32 Uhr unterbrochen, um Bedenkzeit für den Richter zu schaffen.

Nach einer Stunde verlas der Richter seine Entscheidung über die Beweisanträge – und lehnte sie alle unter anderem wegen Offenkundigkeit ab – das bedeutet, dass die Sachverständigen nicht angehört werden.

Die Begründungen zur Ablehnung zeigen, dass er sich kaum auf die zu beweisenden Tatsachen bezog. Er sagte, dass es allgemein bekannt sei, dass es den Klimawandel gibt und dieser Auswirkungen auf die Umwelt und die Lebensbedingung von Menschen hat.

Allerdings wurde in den gestellten Anträgen noch sehr viel mehr unter Beweis gestellt – beispielsweise der konkrete Beitrag des Kraftwerks Weisweiler zum Klimawandel und zur Erkrankung der lokalen Bevölkerung.

Die Beweisanträge wurden also unvollständig beschieden und teilweise vollkommen sinnentstellt.

Besonders heftig ist die Aussage, der geladene Zeuge und Klimawandelbetroffene aus Tansania könne nichts dazu sagen, ob der Umgang der Bundesregierung und der Regierungen weltweit dazu führt, dass Millionen von Klimawandelbetroffenen zu Objekten degradiert werden.

Dazu nahm wiederum ein Rechtsanwalt Stellung:

In der vergangenen Stunde hätten große Teile der Sachverständigen bereits gehört werden können. Deren Inhalte seien zudem nicht offenkundig, da Details und Konkretisierungen für das Verständnis wichtig seien. Der Sachzusammenhang existiere durchaus auf der Ebene, dass die Emissionen durch RWE den Klimawandel verstärken, dabei seien jedoch genaue Betrachtungen, in welchem Maße das zutrifft, für die Beurteilung bezüglich des §34 Strafgesetzbuch (Rechtfertigender Notstand) notwendig. Zudem betonte der Anwalt noch einmal, dass Seuri Sanare Lukumay als Zeuge verständig und somit sinnig ist, da er die Auswirkungen der Politik der Bundesregierungen sehr wohl beurteilen könne.

Ein anderer Anwalt ergänzte, dass das Kraftwerk Weisweiler akut Menschen töten würde, somit als Maschinerie, die Menschen umbringe, eine gegenwärtige Gefahr darstelle – „Was könnte gegenwärtiger sein?“. Die Argumentationskette liefe nicht immer darüber, dass das Kraftwerk Weisweiler den Klimawandel befördere, der Menschen töte, sondern dass das Kraftwerk Weisweiler selbst Menschen töte. Nur wenn der Richter diesen Kausalzusammenhang wirklich als offenkundig bezeichnen wolle, sei die Ablehnung angemessen.

Nach einem Antrag auf Abschriften der Beschlüsse durch die Verteidigung legte ein Anwalt weiter dar, dass es nicht nur darum ginge, dass Beweistatsachen vorhanden seien. Er kritisierte zudem die Begründungen der Staatsanwaltschaft diesbezüglich, dass man sich immer in die Argumentationskette zurückzöge, wenn man argumentiere, dass es schlimmere Emittent*innen gebe. Es sei bedauerlich, so fügte er an, die Sachkunde durch Klimaforscher*innen nicht einzuholen, weil die gesamte Legitimation der Angeklagten darauf fuße und kaum eine*r der Anwesenden ausreichendes Wissen hätte, da sie selbst keine Klimaforscher*innen seien. Zudem ginge es nicht nur um die Klimakrise, sondern auch um konkrete regionale Emissionen. Eine Schöffin nickte zustimmend.

Schließlich wurde mit zwei weiteren vom Gericht geladenen Polizeizeug*innen abgesprochen, dass sie am nächsten Prozesstermin aussagen könnten.

Es wurde erklärt, dass die Ablehnung der Beweisanträge an die Anwält*innen der Angeklagten ausgehändigt werden würde und dass dies ins Protokoll genommen würde.

Der Prozess wurde bis zum 13.11., 9 Uhr, Amtsgericht Eschweiler, Saal 17, unterbrochen, mit dem Hinweis, dass, wenn Angeklagte unentschuldigt fehlen würden, ohne sie weiter verhandelt würde.